Der Baum Neuenfelde
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Altländer A B C

von A wie Apfel bis Z wie Zwetschgenschnaps: Ein Lexikon für das ganze Alte Land

A B C D E F G H I J L M N O P Q R S T U V W Z

Apfel

Im Alten Land wird auf einer Fläche von 14300 Hektar Baumobst angebaut. Damit ist es das größte geschlossene Obstanbaugebiet Europas. Hauptsächlich handelt es sich um Äpfel, sie machen 76,8 Prozent aller Obstbäume in diesem Gebiet aus. Mit weitem Abstand folgen Birnbäume (7,3 Prozent), Süßkirschen (6,6 Prozent), Sauerkirschen (6,1 Prozent) und endlich Pflaumen und Zwetschen (3,2 Prozent).

Architektur

Die Architektur des Alten Landes ist eigentlich der ländlichen Baukunst Niedersachsens zuzuordnen, obwohl sie eindeutig eine Sonderstellung einnimmt. Die Art der Baukunst sagt viel über ein Volk aus, heißt es, und im Alten Land ist es deutlich, dass sich die Eigenarten der Landschaft in seinen Bauten ausdrücken.

Der moorige Untergrund war Anlass dafür, dass die einzelnen Grundstücke durch Gräben voneinander getrennt und so in lauter schmale Streifen aufgeteilt wurden. Im Gegensatz zu den übrigen Dörfern Niedersachsens waren deshalb schon früh die Straßen dicht bebaut. Anders als sonst üblich, lag bei den Altländer Häusern der Wohnteil meist zur Straße hin und wurde dementsprechend liebevoll verziert.

Jedes Altländer Bauernhaus ist etwas Besonderes, denn jeder Besitzer legte seinen ganzen Ehrgeiz in eine schöne Fassade. Bei den Fachwerkbauten fällt zuerst das ungewöhnliche Mauerwerk mit seinen schmalen roten Ziegeln in eigenwilligen Mustern auf. Die Steine sind jeweils weiß verfugt. Das Ganze erinnert ein bisschen an ein kunstvolles Kreuzstichmuster.

Die weißgestrichenen Eichenbalken stehen in den einzelnen Geschossen unterschiedlich weit vor, ihre Enden laufen häufig in Puttenköpfen oder Masken aus und sind manchmal zusätzlich bemalt. Die dunkelgrünen Fensterrahmen bilden einen lebhaften Kontrast zu dem vorherrschenden Rot-Weiß. Die für das Alte Land charakteristischen Ziegelmuster vereinen ornamental geometrische Formen mit bedeutungsvollen Sinnbildern. In kaum einem Haus fehlt zum Beispiel der eingemauerte »Hexenbesen«, der vor Blitzeinschlag und bösem Blick schützen sollte, sowie die »Teufelsmühle«, damit »immer Brot im Hause sei«.

Das Dach läuft mit einer hölzernen Giebelzier aus, die sich ursprünglich einfach aus der Dachkonstruktion ergab. Für das Alte Land sind Schwäne besonders typisch, deren Bedeutung bis heute umstritten ist. Möglicherweise haben holländische Siedler dieses Symbol eingeführt.

 

Besiedelung

Die Altländer sind ein ungewöhnliches Volk: fleißig, hartnäckig, erfolgreich und eigenwillig. Ihre Geschichte ist lang und voller Ereignisse. In einem Artikel einer Altländer Zeitung heißt es Anfang dieses Jahrhunderts stolz und sehr typisch: »Aus Sumpf und Moor entstand durch zähe Arbeit und trotziges Ausharren harter Siedler der Boden unserer Landschaft, und in engem Zusammenhang mit ihm erwuchs wenige Jahrzehnte später ein blühendes städtisches Gemeinwesen...« Wann die ersten Siedler kamen, ist nicht genau überliefert. Sicher ist aber, dass schon im Jahre 1059 n. Chr. die Orte - Twielenfleth, Wöhrden und Hasselwerder (Tuinfliet, Wurtfliet und Haslewarthar) existierten — sie werden zu diesem Zeitpunkt in einer Schenkungsurkunde der Hamburger Kirche genannt. Man nimmt an, dass etwa um 200 n. Chr. nordalbingische Sachsen — angelockt vom reichen Graswuchs an der Elbe - ihr Vieh hier weiden ließen. Kurze Zeit später bauten sie sich auch Häuser. So entstanden Dörfer, deren Bewohner fischten, Vieh hielten und Ackerbau trieben. Noch heute gibt es Namen wie »Saschen = Sachsen«, die an die frühen Siedler erinnern. Um 1100 n. Chr. wurde die Besiedlung des Landes durch holländische Einwanderer, die »Hollandreses«, urkundlich festgehalten. Die neuen Siedler beeinflussten Charakter und Bebauung des Alten Landes nachhaltig. Während dieser Zeit ist wahrscheinlich auch die Bezeichnung »Altes Land« entstanden, die den Gegensatz zwischen dem bereits kultivierten Land und dem uneingedeichten, noch nicht kultivierten »neuen« Land hervorhebt. Mit zunehmender Kolonisierung schrumpfte das »Neue Land« immer mehr zusammen, bis schließlich nichts mehr übrig blieb und der gesamte Marschdistrikt als »Altes Land« galt.

Bier- oder Kirschenkrieg

Altländer Obst war schon einmal in einen kleinen »Krieg« verwickelt, den sogenannten Bier- oder Kirschenkrieg, der von 1581 bis 1614 die Gemüter bewegte. Erzbischof Heinrich von Bremen, damals fürs Alte Land zuständig, fühlte sich durch Übergriffe von Hamburgern in einem niederelbischen Hafen verletzt und befahl daraufhin seinen Untertanen, das beliebte Hamburger Bier zu ignorieren, es weder zu kaufen noch zu trinken. Der Rat der Hansestadt wollte als Rache den Verkauf von Altländer Kirschen und anderen Früchten auf den hansischen Märkten verbieten, was jedoch erst beim zweiten Biereinfuhrverbot - 1611 von Erzbischof Johann Friedrich verhängt - durchgesetzt wurde. Erst 1614 versöhnten sich die Handelspartner wieder

Bildung

Auch bei relativ alten Dokumenten aus dem Alten Land fällt immer wieder auf, dass offenbar eine ganze Menge Leute schreiben konnte. Nach Berichten aus dem Jahre 1716 gab es damals zehn Kirchspiel- und 24 Nebenschulen - von denen aber nur 15 eigene Schulhäuser hatten. Die Kirchspielschulen gab es in allen Gemeinden, sie lagen meist in unmittelbarer Nähe der Kirchen. Grund für die einigermaßen gute Versorgung mit Schulen war in erster Linie der wirtschaftliche Zwang, rechnen und schreiben zu können. In der zweiten Hälfte des 16.Jahrhunderts hatte der Obstbau bereits eine so große Bedeutung erlangt, dass es für Bauern, die nicht nur für den Eigenbedarf anbauten, notwendig wurde, diese Dinge zu lernen. Da die Marsch damals nur wenige brauchbare Wege und Straßen hatte, mussten auch außerhalb der Kirchspiele Schulen eingerichtet werden. Die Bauern verdienten mit dem Obsthandel nicht schlecht, und so gab es keine großen finanziellen Probleme bei der Errichtung von Schulen. Lehrer waren oft schwierig zu finden. Die meisten hatten selbst keine besonders gute Bildung und kamen vorwiegend aus Handwerksberufen oder waren entlassene Soldaten, wie es von Johann Meier überliefert ist, der nach seinem Dienst als Wachtmeister im Reuterregiment von Behr von 1785 bis 1795 Schulmeister von Oster-Ladekop war. Auf dem Papier festgehalten wurde auch die Amtszeit von Bonaventura Gottfried von Cölln aus Hamburg, der von 1691 an Kirchschulmeister in Neuenfelde war. Der Lehrer beschäftigte sich nicht nur gern mit kniffligen Rechenexempeln, sondern schrieb auch Gedichte. In einem Vers schwärmt er vom »Zauber, der im Tabak steckt«, obwohl er sich offenbar beim Anzünden seiner Pfeife die Finger verbrannt hat: »Ach, macht ein Streichholz solche Pein, wie heiß mag dann die Hölle sein.« Gut bezahlt wurde von den Lehrern eigentlich keiner. Die Kirchspielschulmeister kamen noch am besten weg: Sie erhielten außer dem wöchentlichen Schulgeld ein festes Einkommen, das »Salarium«. Die Nebenschulmeister waren auf das Schulgeld angewiesen, das pro Woche und Schüler einen Schilling Lesegeld betrug; dazu kam für die freiwillige Teilnahme an Schreiben und Rechnen je ein weiterer Schilling. Von diesem mageren Betrag mussten einige Lehrer auch noch die Miete für den Schulraum bezahlen, wenn nicht von den Interessenten ein Raum zur Verfügung gestellt wurde.

Blütezeit

Die fast drei Millionen Obstbäume blühen vorwiegend im Mai. Langjähriges Mittel für die Blütezeit von Süßkirschen ist (im Zeitraum von 1934 bis 1978) die Zeit vom 23. April bis 6. Mai, wobei die Vollblüte um den 2. Mai liegt. Apfelbäume beginnen normalerweise um den 6. Mai zu blühen, erreichen ihre Vollblüte am 15. Mai und sind gegen den 23. Mai bereits am Verblühen (langjähriges Mittel im Zeitraum von 1933 bis 1978).

Brauttür

Hauptschmuck des Altländer Hauses ist die »Braut-« oder »Nottür«, die früher nur von innen zu öffnen war. Diese zweiflügeligen Holztüren sind häufig Kunstwerke: phantasievoll geschnitzt, mit Ornamenten, frommen Sprüchen und Namen bunt bemalt. In der Mitte über dem Türbalken, der die Grenze zum Oberlicht setzt, ist immer ein Medaillon, das den Namen des Besitzers trägt. Schmückendes Beiwerk in diesem Bereich sind aus Holz geschnitzte springende Pferde mit Sonne und Krone, umgeben von Ranken und Blumen, die aus einem Füllhorn quellen. Die Brauttüren durften nur bei zwei Anlässen geöffnet werden: bei Hochzeiten und bei Beerdigungen. Wenn es allerdings im Haus brannte, konnte man sich natürlich mitsamt den Wertsachen auch durch diese Tür retten.

Chemikalien

Das Obst in der Marsch wird gespritzt. So schön die Früchte dadurch gedeihen, so schädlich waren die Pestizide für Kleinstlebewesen in Gräben und Erde. Forscher der Hamburger Universität haben festgestellt, dass zum Beispiel von 59 im Zeitraum von 1953-58 registrierten Arten von Wasserkäfern bis 1979 nur fünf Arten überlebt haben. Die Chemikalien wurden größtenteils durch Regen in die Erde gespült.

Inzwischen gibt es im Alten Land kaum einen Obsthof mehr, der nicht mindestens "integriert" anbaut. Der integrierte Anbau verzichtet gänzlich auf nicht abbaubare giftige Chemikalien. Auch die Häufigkeit und die Intensität der Spritzungen haben so drastisch nachgelassen, dass sich inzwischen die Wasserpopulation in den Gräben nicht nur erholt, sondern auch angewachsen ist. 

Leider wird der gute Zustand der Gewässer im Alten Land durch die Politik kontrakariert: Die neue europäische Gewässerschutzrichtlinie fordert einen Mindestabstand von zu spritzenden Bäumen zum nächsten Gewässer. Obstbauern, die überleben wollen müssen ein Teil Ihrer Gräben zuschütten.

Deich

Der Deich spielt eine entscheidende Rolle für die Sicherheit der Altländer. Trotz ständiger Überwachung brach er auch wieder bei der schweren Sturmflut vom Februar 1962 an mehreren Stellen. Seitdem wurde die Anlage weitgehend verändert. Der neue Deich wurde zur Elbe hin vorverlegt, die Alte Süderelbe abgedämmt und ein zweites Sperrwerk in der Estemündung eingerichtet. Weite Teile des neuen Deiches wurden - leider - einbetoniert. Die Deichhöhe wird auf der gesamten Linie von Finkenwerder bis Stade angepasst.

Die Obstbauern sehen das mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Einerseits kann durch die Elbvertiefung und den Wegfall von Polderflächen (freie Flächen Außendeichs, auf denen sich die Flut auslaufen kann) eine Deicherhöhung lebenserhaltend sein, auf der anderen Seite ändert sich das Kleinklima auf den elbnahen Höfen. Sie werden frostanfälliger, da die wärmere Luft des Flusses sich erst in größerer Entfernung den Boden warm hält.

Deichbau

Bis die Holländer um 1100 kamen um einen sicheren Deich zu bauen, gab es nur von den Sachsen gezogene Dämme, die Wurten - künstlich errichtete Wohnhügel - miteinander verbanden. Ursprünglich war das Land sturmflutsicher gewesen. Als es durch Witterungs- und Bodenveränderungen zum Wohnen zu gefährlich wurde begannen sie im vierten Jahrhundert n. Chr. damit, diese Hügel aufzuschütten und dazwischen kleine Dämme zu ziehen, um sich selbst, ihr Vieh und die Ernten zu schützen. Auf diese Weise entstanden die ersten Ringdeichsiedlungen (Der Neuenfelder Rosengarten). Die Tide - Ebbe und Flut - wirkt sich von der Nordsee auf die Elbe aus und bezieht auch die Nebenarme mit ein. Die Holländer, die vermutlich höhere Deiche aus ihrer alten Heimat kannten, machten sich an die Aufgabe, das Alte Land sinnvoll einzudeichen. Das war keine einfache Sache. Beim Bau eines Deiches müssen viele Dinge beachtet werden: Der Untergrund, auf dem der Schutzwall gebaut werden soll, darf nicht zu weich sein - der Deich sackt sonst insgesamt ab oder wird womöglich unterspült -, die Deichlinie muss so verlaufen, dass sie weder für Wellen- und Eisgang noch für Staudruck Ansatzpunkte bietet; der Deich darf nicht zu steil und nicht zu flach konstruiert sein, und das Vorland muss genug Fläche haben, dass sich die oft mit ungeheurer Kraft heranrollenden Wellen brechen können.

Deichverbände

Die Altländer teilten das Land entspre­chend der natürlichen Gliederung in drei Deichverbände ein, deren Sinn in gegen­seitiger Beihilfepflicht bei großen Deich­schäden bestand. Jede der drei »Meilen« war außerdem in Deichrichterschaften gegliedert, die jeweils einen Deichrichter und zwei bis fünf Geschworene (Schwä­ren) stellten. Mitglieder der Deichver­bände waren die sogenannten Deich­interessenten, die Grundstücksbesitzer. Ursprünglich ergab sich die Mitglied­schaft einfach aus der Gemeindezugehö­rigkeit. Wer Land besaß, musste auch dem Verband angehören, denn wer nicht bereit war, etwas für die gemeinsame Sicherheit zu tun, sollte auch kein Land bekommen. Jedes noch so kleine Grund­stück war zur Deichlast verpflichtet; für die aktive Teilnahme an der Deichverwaltung musste der Besitz allerdings eine gewisse Größe haben. Die Deichverbände hatten dafür zu sorgen, dass der Deich überall in Ordnung war, dass beschädigte Abschnitte ausgebessert und bei Nichtbefolgen Strafen verhängt wurden. Jeder neugewählte »Deichschauer«, wie die Geschworenen auch genannt wurden, musste einen Eid ablegen.

Die Deichbeamten wurden von der Bevölkerung äußerst respektvoll behandelt. Störungen oder Beleidigungen bei der »Deichschau«, zu der sämtliche Deichbeamten festlich gekleidet »in Abend­mahlsrock und Zylinder, hoch zu Roß und Degen an der Seite« zwei- bis dreimal jährlich erschienen, gab es kaum. Am Deich herrschte »Deichfrieden«, und wer diesen Frieden verletzte, musste mit einer hohen Geldstrafe rechnen. Säumige Deichhalter wurden mit einer »Wedde«, einem Bußgeld von zehn Schilling, belegt. Wer nicht sofort zahlen konnte, musste etwas verpfänden. Konnte das Pfand nicht innerhalb von zwei Wochen eingelöst werden, verfiel es. Wer sich zweimal hintereinander nicht an seine Verpflichtung hielt, hatte eine »Abhandlungswroge« (»Wroge« = Rüge) mit einer Tonne Bier zu leisten - die Deichrichter tranken gern und viel. Bei der ersten Deichschau im Jahr, am Gotthardstag (5. Mai), war es nach der Neuländer Deichordnung von 1568 üblich, dass der Verband im Hamburger Keller zu Buxtehude ein Fass Hamburger Bier spendierte und dass die Geschworenen ein gutes Gericht grüner Fische mit­brachten. Da bei dieser Gelegenheit reichlich gezecht wurde, durften sich gegen Nachmittag die Ehefrauen der Neuländer Geschworenen in dem Wirts­haus einfinden und ihren volltrunkenen Männern »tho Huse helpen«. Leute, die böswillig den Deich beschä­digten, wurden besonders hart bestraft. Vor dem Ausschluss aus dem Deichver­band gab es nur noch eine Strafe: die »Haft der Mistforke«, eine demütigende Sache. Dabei wurde ein Stück Holz auf die Erde gelegt, »woselbst derjenige sich auf die Erde setzen und die Füße auf das Holz legen« musste, und »alsdann eine Forke über dessen Bein geschlagen« wurde. Wenn alle Strafen den Deichpflichtigen nicht dazu bringen konnten, sein Stück Deich in Ordnung zu halten, musste er die »Verspätung«, den Ausschluss aus dem Deichverband auf sich nehmen - was gleichbedeutend war mit dem Verzicht auf sein Grund­stück. Nach dem Motto: »Wer nich will diken, mütt wiken«, hatte er das Alte Land zu verlassen.

Ernte

Die Saison beginnt im Juni mit der Kirschenernte, die sich über Wochen hinzieht. Anschließend werden Erdbeeren, später Frühäpfel, erste Pflaumen und Zwetschgen gepflückt. Die Hauptkernobsternte setzt dann im September ein und geht bis Ende Oktober/Anfang November.

Deshalb ist im Alten Land das Erntedankfest auch später als überall sonst, nämlich am letzten Oktobersonntag. 

Frauen

Die Frauen des Alten Landes hatten vor etwa 200 Jahren mehr Rechte als sonst in dieser Zeit üblich. Sie waren nicht nur dazu gut, »ihre Manne tho Huse helpen«, sie durften manchmal sogar selbst das Wirtshaus besuchen. Es gab eine Zeit, da war die Hochzeit für eine Frau so etwas wie ein Schlüssel zur Emanzipation - zumindest ein kleiner Ansatz. Hatte sie nämlich erst einmal den goldenen Ring am Finger, durfte sie genau wie die Männer in Kneipen gehen und dort Wein trinken und rauchen. Gipfel der Verworfenheit war, was der Chronist I. M. Tetens im Jahre 1788 registrierte: »In öffentliche Häuser kommt die Frau so gut, wie der Mann, lässt sich ihr Glas Wein und eine Pfeife Tabak geben und raucht mit übereinandergeschlagenen Beinen.« Doch damit nicht genug: »Das Tabakrauchen ist bei den Frauenzimmern hier gar nicht ungewöhnlich...«, was allerdings für unverheiratete Mädchen nicht galt. Bei großen Festen wie Hochzeiten und Beerdigungen war es üblich, nach dem Essen Kästen und Schalen mit Tabak für die langen schmalen Ton- und Kalkpfeifen der Gäste auf die blankgescheuerten Holztische zu stellen. Ansonsten hatte die Frau hart mitzuarbeiten - genau wie heute. Die Altländerin pflückte das Obst in hohen Wipfeln, brachte das Heu mit ein, versorgte das Vieh und zog nebenbei noch die Kinder groß. Dass die üblichen hausfraulichen Pflichten nicht zu kurz kamen, muss nicht extra erwähnt werden. Im Winter, wenn die Außenarbeiten wegfielen, gab es nicht etwa besinnliche Mußestunden am heimeligen Herd, dann wurde Wolle gesponnen, wurde gestrickt und gestickt, gestopft und genäht. Auch heute noch haben die Frauen der Obstbauern kein einfaches Leben: zu tun ist immer etwas. Sie kümmern sich wie ihre Vorfahren um Früchte und Ernte, um Kinder und Haushalt, um den Garten und um die Tiere. Viele Bauersfrauen haben im Sommer zur Erntezeit einen Stand an der Straße, wo sie Kirschen und Pflaumen, Erdbeeren, Äpfel und Birnen feilhalten.

Frost

Wenn es während der Obstblüte friert, geht ein Großteil der Blüten ein, was natürlich die Ernte erheblich reduziert. Eine Maßnahme dagegen ist die Beregnung: Sinken zur Blütezeit die Temperaturen unter den Nullpunkt, springen Pumpen an und drücken Wasser in ein Netz von Beregnungsrohren. Tausende von Düsen besprühen dann die blühenden Obstbäume mit einem feinen Wasserschleier. Beim Gefrieren dieses künstlichen Regens wird im Wasser enthaltene Wärme frei, die die empfindlichen Blüten schützen soll. Auf diese Weise kann die Obstblüte nach Ansicht von Experten bei Temperaturen bis zu acht Grad Minus geschützt werden. Bei stärkerer Kälte kann es passieren, dass sich Eiszapfen an den Zweigen bilden, unter deren Gewicht die Äste brechen.

Früchte

Nachdem schon vor 650 Jahren Prämonstratenser- und Benediktinermönche aus Stade die ersten Obstbäume angepflanzt hatten, entwickelte sich dieser Nebenerwerb von Kleinbauern, Handwerkern und Fischern so gut, dass der Getreideanbau immer weiter zurücktrat. Das Alte Land wurde nach und nach zum Nahversorgungsgebiet für die Stadt Hamburg, die auf dem Wasserweg leicht zu erreichen war.

Das Altländer Obst ist heute in ganz Europa ob seiner Qualität bekannt und geschätzt.

Fischerei

Als die Elbe noch nicht durch Industrieeinflüsse verschmutzt war, sollen in ihr mehr unterschiedliche Tiere als in jedem anderen europäischen Fluss gelebt haben. Dieser Reichtum wurde zur Grundlage für eine traditionsreiche Fischerei, die noch bis Mitte unseres Jahrhunderts von vielen Menschen ausgeübt wurde. Die Fischer und Bauern aßen gern Stinte, Aale, Elbbutt oder Heringe, die ihnen direkt vor der Haustür ins Netz gingen. Noch im Jahre 1928 wurden acht Millionen Kilogramm Elbheringe und -sprotten gefangen! Heute kann man die letzten sogenannten Elb-Fischer an einer Hand abzählen obwohl sich die Elbe zu einem großen Teil erholt hat und man sogar wieder Stint fangen kann.

Fische wurden bis 1888 von den Altländern ausschließlich von Segelschiffen aus gefangen. Dann kauften Cranzer Fischer ihr erstes Dampfschiff und grün­deten die »Cranzer Fischdampfschifffahrtsgesellschaft«

Gaststätten

Überall gibt es kleine Gasthöfe, in denen kräftiges norddeutsches Essen und nachmittags Kaffee und Kuchen - besonders Apfel-, Pflaumen- und Butterkuchen - serviert wird.

Handwerk

In den zwanziger Jahren arbeiteten noch über 80 Schuhmacher, 34 Korbmacher, 18 Sattler und viele andere Handwerker im Landkreis Jork. Heute sind viele Handwerksberufe längst ausgestorben. Sehr gesucht sind Reetdachdecker, von denen es nur noch wenige gibt.

Hausbau

Jedes Altländer Bauernhaus ist etwas Besonderes, denn jeder Besitzer bemühte sich, sein Haus zur Straßenseite hin besonders schön zu machen. Es sind Fachwerkbauten mit weißen Balken und roten, weiß verfugten Ziegeln. Die Backsteine sind oft in eigenwilligen Mustern angeordnet. Das ursprünglich reetgedeckte Dach läuft meist in einer Giebelzier aus.

Das Innere des Hauses gliederte sich in das »Flett«, den Ess- und Tagesraum der Familie, mit der Herdstelle, die in früheren Rauchhäusern ohne Schornstein mitten im Raum lag. Dann kam die Diele, von der aus man in die Milchkammer, die Werkkammer, die Knechtkammer und in die Stallräume gelangte.

In der Diele wurden die Acker- und Arbeitsgeräte sowie die Fahrzeuge aufbewahrt und untergestellt. »Dönz« hieß die Wohnstube, in der eine Truhenbank, ein Tisch, Stühle und mehrere Alkoven (Schlafbutzen) untergebracht waren. Außerdem gab es in dem Bauernhaus noch eine »Kammer«, in der weitere Truhen und das »Schap«, der Schrank, standen

Imker

Die Bauern holen während der Obstblüte zahlreiche Imker mit ihren Bienenstöcken ins Alte Land. Die Bienen sind für die Befruchtung der Obstblüten nötig. 

Jork

Das Dorf Jork liegt etwa sieben Kilometer von Buxtehude entfernt und zieht sich an der Altländer Durchgangsstraße, dem sogenannten Obstmarschenweg entlang. Sehenswert ist neben gut erhaltenen Bauernhäusern der aus dem 17. Jahrhundert stammende »Harensche Hof«, der nach seinem ehemaligen Besitzer Graf Matthäus von Hären benannt ist.

Kirchen

Die aus verschiedenen Gegenden stammenden frühen Siedler bauten sich entsprechend ihrer Konfession jeweils eigene Kirchen. Sehenswert sind eigentlich alle erhaltenen Gotteshäuser. Die St. Martin- und St. Nikolaus-Kirche in Steinkirchen wurde bereits 1332 in einem Brief von Papst Johann erwähnt. Sie wurde 1773 in eine barocke Saalkirche mit hölzernem Tonnengewölbe umgebaut. Die Grünendeicher St. Marien-Kirche wurde Anfang des 17. Jahrhunderts errichtet. Es ist ein weißgestrichener Fachwerkbau. In Jork liegt die St. Matthias-Kirche - ein einschiffiger barocker Backsteinbau - auf einer ehemaligen Wurt. Die St. Martin-Kirche von Estebrügge stammt aus dem Jahre 1700. Zu dem einschiffigen Backsteinbau gehört ein hölzerner Glockenturm von 1640. Über die Orgel sagte ihr Erbauer Arp Schnitger: »Das ist eine herrliche Orgel, wie man sie in vielen Städten nicht findet.« In Borstel steht die St.Nikolaus-Kirche, deren freistehender Glockenturm 1695 gebaut wurde. Zu den schönsten Barockkirchen Norddeutschlands gehört die St. Pankratius-Kirche zu Neuenfelde.

Lage und Größe

Der linke Marschenstreifen an der Unterelbe zwischen Hamburg und Cuxhaven gliedert sich in die Landschaften Altes Land, Land Kehdingen und Land Hadeln. Im Nordwesten trennt die Schwinge die Kehdinger Marsch vom Alten Land, das an der Süderelbe endet. Die 15700 Hektar große Fläche wird durch die Elbzuflüsse Este und Lühe auf natürliche Weise in drei Teile gegliedert. Diese Teilgebiete werden - von Stade aus zählend - als die »drei Meilen« des Alten Landes bezeichnet: Die erste verläuft bis zur Lühe, die zweite bis zur Este und die dritte endet an der Süderelbe. Das Alte Land gehört politisch größtenteils zu Niedersachsen, das Gebiet der dritten Meile mit den Altländer Gemeinden Francop, Neuenfelde und Cranz wird allerdings zum Stadtstaat Hamburg gezählt.

Museum

In Stade gibt es ein Freilichtmuseum mit einem Original Altländer Haus. Es ist ein niederdeutsches Hallenhaus, das 1733 von Johann Ropers und seiner Ehefrau Catarina Adelheid in Huttfleth gebaut worden ist. Zum Haus, das originalgetreu eingerichtet ist, gehört ein Steinbackofen, eine Altländer Prunkpforte und eine hölzerne Bockwindmühle.

Ein anderes Museum liegt in Buxtehude (gegenüber der Kirche). Dort sind schöne Altländer Schmuckstücke, Trachten und kleinere Möbel ausgestellt.

Im Jorker Museum gibt es neben dem Altländer Archiv häufig kulturelle Veranstaltungen.

Viel über Bauernhäuser, Schmuck, Trachten und Altländer Geschichte kann man sich im Altonaer Museum anschauen.

Naherholung

Das Alte Land ist ein bevorzugtes Naherholungsgebiet für die Hamburger. Mit dem Auto braucht man dank des neuen Elbtunnels nur etwa eine halbe Stunde, um von der Millionenstadt in das Obstanbaugebiet zu kommen. Beliebt sind aber auch die Elbfähren zwischen Hamburg-Landungsbrücken, Schulau, Lühe/Grünendeich, von denen einige weiterfahren bis Stade; außerdem gibt es noch den Pendelverkehr zwischen Blankenese und Cranz. Aus Hamburg-Altona kommt man mit der Linie 150 bis nach Cranz, von dort gibt es Anschluss nach Stade. An der S-Bahn-Station Hamburg-Neugraben  wird der 257 Bus eingesetzt. Er fährt wechselweise bis Cranz oder Jork.

Obstbauversuchsanstalt

Der Obstbauversuchsring des Alten Landes wurde 1929 als Selbsthilfeeinrichtung der Bauern gegründet, um Maßnahmen zur Sicherung und Erhöhung der Obsterträge zu entwickeln und um eine fachlich fundierte Beratung der angeschlossenen Betriebe zu gewährleisten. 1935 wurde als wissenschaftliche Paralleleinrichtung in Jork eine Obstbauversuchsanstalt gegründet, die gemeinsam mit dem Versuchsring unter anderem marktwirtschaftliche und biologische Aspekte des Obstanbaus untersucht und auswertet.

Obsthandel

Die meisten Bauern im Alten Land sind Obstbauern. Schon im 14. Jahrhundert wurden die ersten Bäume gepflanzt. Zu diesem Zeitpunkt war das Gebiet weit­gehend eingedeicht und auch entwässert. Als erste haben vermutlich Mönche aus Klöstern in Stade hier Obst angebaut. Sie hatten guten Erfolg und konnten schnell ihre Einnahmen steigern. Kleinbauern, Handwerker, Fischer, Kaufleute und Händler zogen nach, bepflanzten ihre Gärten und konnten so einen sicheren Nebenverdienst verbuchen. Der wichtigste Abnehmer für Altländer Obst war seit Mitte des 14. Jahrhunderts lange Zeit die Stadt Hamburg, die auf dem Wasserweg gut zu versorgen war. Kähne und Segler, Ewer, Jollen und Schuten brachten das Obst über die Flüsse an andere Orte. Kirschen wurden bis ins 19. Jahrhundert mit offenen Schiffen nach Hamburg gebracht, später verfrachteten die Bauern das Obst in überdachten Jollen. Die Schiffer nutzten die Segelpartien häufig zu Wettfahrten - Pflicht und Spaß konnten auf diese Weise verbunden werden. Die Früchte wurden am Fischmarkt in Altona ausgeladen und auf Pferdekarren gepackt. Wer kein eigenes Schiff hatte, gab sein Obst dem Nachbarn mit, der es in Kommission verkaufte. Hieraus entwickelte sich nach und nach der Obsthandel. Die Früchte wurden mit der Zeit auch ins Ausland gesegelt, besonders nach England, Dänemark und Südschweden. Manche Altländer sollen bis nach Petersburg gefahren sein. Die Früchte wurden übrigens noch in diesem Jahrhundert mit Kähnen transportiert — bis Lastwagen die Schiffe ablösten.

Orgeln

In den Kirchen von Neuenfelde (1682-88), Steinkirchen (1687) und Estebrügge (1702) stehen Arp-Schnitger-Orgeln; in Jork eine von dem berühmten Meister 1678/79 erweiterte. Sie sind wegen ihres guten Klangs als Konzertorgeln geschätzt.

Prunkpforte

Am charakteristischsten für die eigenständige Altländer Architektur sind die beeindruckenden »Prunkpforten«, die noch vor mehreren Höfen stehen. Die schönsten renovierten Pforten findet man in Neuenfelde, wo vermutlich die ersten Eingänge dieser Art überhaupt gebaut worden sind. Man nutzte dabei die guten Erfahrungen im Umgang mit Holz durch den hochentwickelten Schiffbau an Lühe, Este und Elbe. Die Prunkpforten, die Anfang dieses Jahrhunderts nur »Altländer Pforten« genannt wurden, haben eine große rundbogige Wagendurchfahrt, in deren Mitte oft eine füllige Traube als Fruchtbarkeitssymbol hängt. An den Seiten wachen zwei kleine geschnitzte Löwenköpfe über jeden Eindringling. Neben der Durchfahrt ist ein kleinerer Durchgang, die »Leute-Pforte« angelegt. Die weiß gestrichenen überdachten Pforten sind oft farbig verziert und mit lateinischen Sprüchen versehen. Da die Pforten in Höhe und Breite der Größe moderner landwirtschaftlicher Geräte schon seit Jahren nicht mehr entsprechen, sind nur wenige Exemplare erhalten geblieben.

Quast

Die Familie Quast gehört zu den alteingesessenen Altländern. Bereits im Jahre 1317 wurde Johann Quast in einem Dokument über einen Landverkauf urkundlich als Zeuge benannt. In derselben Unterlage taucht der Name Hauschildt auf, der ebenfalls noch heute im Alten Land verbreitet ist.

Recht

Auf alten Gesetzen - das Altländer Grundgesetz von 1517 und die wahrscheinlich um 1580 niedergeschriebene »Reformatio des Landrechts« basierten früher zahlreiche Gewohnheitsrechte im Alten Land. Hierzu gehörte unter anderem das eheliche Güterrecht. Jahrhundertelang war es üblich, dass mit der Eheschließung eine Gütergemeinschaft eingegangen wurde. In der »Reformatio« heißt es hierzu: »So Mann und Frouwen in den Echtenstand (Ehestand) thosamende keemen, werden alle Güdere gemeine, unangesehen dat beider Güder, so se thosamen bringen, ungelick sind.« Auf gut Deutsch heißt das: Was mein ist, ist auch dein. Nach einem Spruch des Landgräftings vom 3. Juni 1656 trat diese Gütergemeinschaft erst ein, wenn Mann und Frau »Jahr und Tag« im Ehestand zusammen gelebt haben. Andere Quellen belegen aber, dass die kirchliche Trauung als Beginn der Gütergemein­schaft galt. Nicht klar ist, ob sich das weitgehende Verfügungsrecht des Mannes auch auf Immobilien erstreckte. Ein Hofgerichtsurteil vom 26. Januar 1789 scheint das zu widerlegen: In dem Dokument wird der Verkauf eines Grundstücks für nichtig erklärt, weil die Unterschrift der Ehefrau fehle. Wie es weiter heißt, ist kein Ehegatte berechtigt, ohne Genehmigung des Partners ein zum gemeinsamen Vermögen gehörendes Anwesen oder Landstück zu verkaufen. Zahlreiche Urkunden weisen beide Unterschriften der Eheleute auf. Später setzten sich aber wieder die Männer durch: Das Altländer Recht wandelte sich - wie fast überall - zu einem Männerrecht.

Reetdächer

Reetdächer werden überall seltener. Grund dafür ist nicht nur, dass es kaum noch Leute gibt, die diese Arbeit machen, sondern auch, dass die Kosten für die Versicherung hoch und die Bauauflagen streng sind. Die Dächer sind zwar schön, aber besonders feuergefährdet.

Schifffahrt

Im Jahre 1824 gab es 328 See-, Fluss- und Wattenfahrzeuge im Alten Land, die sich zur Hauptsache auf die Elb- und Estegemeinden verteilten. Allein zu Bor­stel gehörten 82 Schiffe - elf Ewer und 71 Jollen. 41 Schiffe davon fuhren Obst, 22 waren allgemein für den Frachtverkehr zuständig, acht transportierten Getreide und elf waren, wie es in einer Statistik von damals heißt, »unbrauchbar«. Ewer waren die typischsten Fahrzeuge der Este. Anfang des 19. Jahrhunderts bauten neun Werften im Alten Land Schiffe.

Neben den üblichen Aufgaben für die Schifffahrt entwickelte sich in dieser Zeit ein weiterer Erwerbszweig auf dem Wasser: Das Herbeischaffen von Muscheln aus der Nordsee. Die Seeleute, die die Muscheln für die Kalkbrennanlagen holten, wurden »Shellfahrer« genannt.
Um 1840 gab es im Alten Land bereits 474 Schiffe und elf Werften. Außerdem heuerten viele Altländer als Seeleute auf größeren Schiffen an, die die Ozeane befuhren. Von 1860 bis 1875 waren allein in Cranz etwa 40 Kapitäne ansässig, die alle »auf große Fahrt« gingen.

Silberfiligran-Schmuck

Zu den traditionellen Trachten gehörte früher Silberfiligran-Schmuck, der oft sehr wertvoll war. Wesentliche Bestandteile sind: Ärmelknöpfe und Hemdspangen, Schuhschnallen und als Prunkstück »De sölberne Boss'n« oder »Lievstück«, ein kunstvoll gearbeitetes Bruststück der Frauentracht. Wertvollstes Stück unter den mehrreihigen Halsketten war »De Drohtparl'n« oder »De Droht-god'n«, eine fünf- bis sechsreihige Perlenkette aus Silberfiligran oder aus vergoldetem Silberfiligran.

Spreen (Stare)

Wenn die Kirschen reif werden, fallen alle Jahre wieder gefräßige schwarze Stare und Spatzen zu Zehntau­senden in den fruchtbaren Garten Eden ein. Die Reaktion der Bauern ist drastisch: Pausenlos knallen Schüsse, detonieren Kanonenschläge, heulen Gasböller im Geäst. Silberne Alustreifen flattern knatternd an langen Schnüren, die von Baum zu Baum gespannt sind, bunte Fahnen an selbstgebauten klingelnden Glockenrädern neben abschreckenden Vogelscheuchen stehen mitten im Feld. Selbst auf dem Friedhof hört man das ständige Ballern. Viel Lärm um nichts. Denn das Gedonner bringt kaum etwas - die Vögel haben sich längst an diese Begleitmusik gewöhnt. Böswillig behaupten einige Männer immer noch, nur die Altländer Bauersfrauen verstünden ihre Arbeit als Vogelscheuche wirklich: Sie verschreckten mit ihren kreischenden Stimmen auch den dreistesten Vogel.

Inzwischen ist es allerdings auch zur Kirschenzeit viel ruhiger, denn die meisten Kirschplantagen sind eingenetzt. Riesige Flächen sind mit blauen Netzen abgedeckt und verhindern so den Einflug der Stare.

Trachten

Heute werden im Alten Land keine Trachten mehr getragen. Eine Ausnahme macht eine Trachtengruppe, die sich aus jüngeren Leuten formiert hat und in ihrer freien Zeit auch überlieferte Tänze einstudiert. Sie tritt bei Festen traditionell gekleidet auf.

Die Männertracht ist aus dem gesamten Regierungsbezirk Stade bereits seit 1860 völlig verschwunden, manche Frauen trugen aber noch Anfang dieses Jahrhunderts Tracht.

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Umweltschutz

Bereits Ende der siebziger Jahre setzten sich die Mitglieder der AJON (Aktionsgemeinschaft junger Obstbauern Niederelbe) gegen die Einflüsse der Chemie zur Wehr. Sie lehnten den konventionellen Obstanbau ab, bei dem mit chemischen Keulen auf alle Schädlingen - und natürlich auch die Nützlinge - geschlagen wurde. Pestizide, Herbizide und Fungizide wurden jetzt nur noch eingesetzt, wenn es unausweichlich wurde. Der Weitblick dieser jungen Obstbauern, die heute zur bestimmenden Generation gehören, hat dazu geführt, dass man heutzutage unbedenklich in jeden Altländer-Apfel beißen kann.

Inzwischen gibt es im Alten Land eine steigende Anzahl von kontrollierten ökologischen Obstbaubetrieben.

Unterkunft

Man kann im Obstland richtig Urlaub machen, es gibt Hotels, Pensionen und Privatzimmer. Viele Bauern bieten »Urlaub auf dem Bauernhof« an, was gerade für Familien mit Kindern ideal ist.

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Verkehrsanbindungen

Vom Alten Land kann man mit Fähren und Bussen nach Hamburg und - in entgegengesetzter Richtung - nach Stade und weiter bis Cuxhaven fahren. Wer mit dem Auto von der Autobahn A 7 kommt, biegt am besten bei der Ausfahrt Heimfeld ab und fährt die B 73 in Richtung Stade/Cuxhaven. Von dieser Straße gehen Wegweiser ins Alte Land.

Wassersport

Auf den Elbzuflüssen Este und Lühe haben viele Sonntagskapitäne ihre Motor-, Ruder- und auch Segelboote liegen. Das Wassergebiet ist außerdem ideal für Paddler, die selbst an den engsten Stellen der Flüsse noch bequem vorwärts kommen. Im übrigen kann man natürlich auch auf der Elbe segeln oder Motorboot fahren.

Wirtschaft

Der Wohlstand der meisten Obstbauern ist nur noch Erinnerung oder ist zumindest zurückgegangen. Das liegt unter anderem an den Bestimmungen der Europäischen Gemeinschaft, die den Absatz ausländischer Früchte erleichtert haben.

Zwetschgenschnaps

Er ist eine Spezialität des Alten Landes. Es gibt ihn an vielen Obstständen am Straßenrand zu kaufen. Auch aus Äpfeln, Birnen und Kirschen brennen die Bauern ihren Obstler.